Grüner Wasserstoff gilt als vielversprechende Technologie für die Energiespeicherung und könnte eine Schlüsselrolle bei der Energiewende spielen. Als flexibler Energieträger könnte Wasserstoff nicht nur die Schwankungen bei der Erzeugung erneuerbarer Energien ausgleichen, sondern auch in verschiedenen Sektoren wie Industrie, Verkehr und Wärmeversorgung zum Einsatz kommen. In diesem Artikel beleuchten wir die Potenziale und Herausforderungen der Wasserstofftechnologie.

Was ist grüner Wasserstoff?

Wasserstoff ist das leichteste und häufigste Element im Universum. Als Energieträger verbrennt er zu Wasser, ohne dabei CO2 freizusetzen. Allerdings kommt Wasserstoff auf der Erde nicht in Reinform vor, sondern muss zunächst gewonnen werden. Je nach Herstellungsverfahren unterscheidet man zwischen verschiedenen "Farben" des Wasserstoffs:

  • Grauer Wasserstoff: Wird aus fossilen Brennstoffen wie Erdgas gewonnen, wobei CO2 freigesetzt wird.
  • Blauer Wasserstoff: Wie grauer Wasserstoff hergestellt, aber das entstehende CO2 wird abgeschieden und gespeichert (CCS).
  • Türkiser Wasserstoff: Entsteht durch die thermische Spaltung von Methan, wobei fester Kohlenstoff statt CO2 anfällt.
  • Grüner Wasserstoff: Wird durch Elektrolyse von Wasser mit Strom aus erneuerbaren Energien gewonnen und ist damit klimaneutral.

Für die Energiewende ist vor allem der grüne Wasserstoff relevant, da er vollständig CO2-neutral hergestellt werden kann. Bei der Elektrolyse wird Wasser mithilfe von elektrischem Strom in seine Bestandteile Wasserstoff und Sauerstoff zerlegt. Wenn der dafür benötigte Strom aus erneuerbaren Quellen wie Wind- oder Solarenergie stammt, entsteht ein klimaneutraler Energieträger.

Wussten Sie schon?

Die Elektrolyse von Wasser wurde bereits 1800 von den britischen Wissenschaftlern William Nicholson und Anthony Carlisle entdeckt. Heute gibt es verschiedene Elektrolyseverfahren wie die alkalische Elektrolyse, die PEM-Elektrolyse und die Hochtemperatur-Elektrolyse, die sich in Wirkungsgrad, Kosten und Flexibilität unterscheiden.

Wasserstoff als Energiespeicher

Eine der größten Herausforderungen der Energiewende ist die Speicherung von Energie aus erneuerbaren Quellen. Wind- und Solarenergie unterliegen natürlichen Schwankungen – manchmal gibt es zu viel Strom (z.B. an sonnigen, windigen Tagen), manchmal zu wenig (z.B. nachts oder bei Flaute). Hier kommt Wasserstoff als Energiespeicher ins Spiel.

Durch die Umwandlung überschüssigen erneuerbaren Stroms in Wasserstoff (Power-to-Gas) kann Energie über lange Zeiträume gespeichert werden. Der gespeicherte Wasserstoff kann später bei Bedarf wieder in Strom umgewandelt werden, etwa in Brennstoffzellen oder Gaskraftwerken. Im Vergleich zu Batterien bietet Wasserstoff einige Vorteile:

  • Langzeitspeicherung: Wasserstoff kann über Wochen, Monate oder sogar Jahre gespeichert werden, ohne dass Energieverluste auftreten.
  • Große Energiemengen: In Form von Wasserstoff lassen sich große Energiemengen kompakt speichern.
  • Transportfähigkeit: Wasserstoff kann per Pipeline, Schiff oder LKW transportiert werden und ist damit flexibler als Stromnetze.
  • Sektorenkopplung: Wasserstoff kann nicht nur im Stromsektor, sondern auch in der Industrie, im Verkehr und im Wärmesektor eingesetzt werden.

Anwendungsgebiete für grünen Wasserstoff

Die Einsatzmöglichkeiten für grünen Wasserstoff sind vielfältig und erstrecken sich über verschiedene Sektoren:

1. Industrie

In der Industrie wird bereits heute große Mengen Wasserstoff verwendet, vor allem in der chemischen Industrie, der Stahlerzeugung und der Ammoniaksynthese. Bislang handelt es sich dabei jedoch überwiegend um grauen Wasserstoff aus Erdgas. Der Ersatz durch grünen Wasserstoff könnte die CO2-Emissionen erheblich reduzieren.

Besonders in der Stahlindustrie, die für etwa 7% der globalen CO2-Emissionen verantwortlich ist, birgt die Umstellung von Kohle auf Wasserstoff als Reduktionsmittel großes Potenzial. Erste Pilotprojekte zeigen, dass eine nahezu CO2-freie Stahlproduktion mit Wasserstoff möglich ist.

2. Verkehr

Im Verkehrssektor kann Wasserstoff in Brennstoffzellen-Fahrzeugen eingesetzt werden. Diese erzeugen aus Wasserstoff und Sauerstoff elektrischen Strom, der einen Elektromotor antreibt. Die Vorteile: kurze Tankzeiten von wenigen Minuten und größere Reichweiten im Vergleich zu reinen Batterie-Elektrofahrzeugen.

Besonders vielversprechend ist der Einsatz von Wasserstoff bei Nutzfahrzeugen, Bussen, Zügen und Schiffen, wo die Grenzen der Batterietechnologie (Gewicht, Reichweite, Ladezeit) deutlicher zum Tragen kommen. Auch in der Luftfahrt wird an wasserstoffbetriebenen Flugzeugen geforscht.

3. Wärmeversorgung

Wasserstoff kann dem Erdgas beigemischt oder dieses vollständig ersetzen. So könnte die bestehende Gasinfrastruktur für die Wärmeversorgung weitergenutzt werden. Allerdings sind dafür Anpassungen an den Gasnetzen und den Endgeräten erforderlich.

4. Stromerzeugung

In Zeiten geringer erneuerbarer Stromerzeugung kann der gespeicherte Wasserstoff in Gaskraftwerken oder Brennstoffzellen wieder in Elektrizität umgewandelt werden, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten.

Herausforderungen und Hindernisse

Trotz der vielversprechenden Perspektiven steht die großtechnische Nutzung von grünem Wasserstoff noch vor erheblichen Herausforderungen:

1. Kosten

Die Herstellung von grünem Wasserstoff ist derzeit noch deutlich teurer als die von grauem Wasserstoff aus fossilen Quellen. Die Kosten werden maßgeblich durch die Investitionskosten für Elektrolyseure und die Stromkosten bestimmt. Mit steigenden CO2-Preisen, sinkenden Kosten für erneuerbare Energien und Skaleneffekten bei der Elektrolysetechnologie könnte grüner Wasserstoff jedoch mittelfristig wettbewerbsfähig werden.

2. Energieeffizienz

Die Umwandlung von Strom in Wasserstoff und zurück ist mit Energieverlusten verbunden. Der Gesamtwirkungsgrad liegt je nach Technologie und Anwendung bei etwa 25-35%. Zum Vergleich: Bei Batterien beträgt der Wirkungsgrad 80-90%. Wasserstoff ist daher vor allem dort sinnvoll, wo seine spezifischen Vorteile (Langzeitspeicherung, Transportfähigkeit, Nutzbarkeit in verschiedenen Sektoren) zum Tragen kommen.

3. Infrastruktur

Für eine großflächige Nutzung von Wasserstoff ist der Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur erforderlich: Elektrolyseure, Speicher, Pipelines, Tankstellen usw. Dies erfordert erhebliche Investitionen. Eine Option wäre die teilweise Umrüstung bestehender Erdgasnetze.

4. Regulatorischer Rahmen

Für die Wirtschaftlichkeit von Wasserstoffprojekten sind klare regulatorische Rahmenbedingungen notwendig, etwa zu Herkunftsnachweisen für grünen Wasserstoff, Netzentgelten und Umlagen. Hier besteht noch Handlungsbedarf.

Aktuelle Entwicklungen in Deutschland und Europa

Deutschland und die Europäische Union haben die Bedeutung von Wasserstoff für die Energiewende erkannt und entsprechende Strategien entwickelt:

  • Die Nationale Wasserstoffstrategie der Bundesregierung sieht vor, bis 2030 Elektrolyseure mit einer Leistung von 10 Gigawatt in Deutschland zu installieren. Dafür wurden 9 Milliarden Euro an Fördermitteln bereitgestellt.
  • Im Rahmen von IPCEI (Important Project of Common European Interest) werden länderübergreifende Wasserstoffprojekte gefördert.
  • Die EU-Wasserstoffstrategie zielt auf den Aufbau eines europäischen Wasserstoffmarktes und die Installation von 40 Gigawatt Elektrolyseleistung bis 2030.
  • Zahlreiche Pilotprojekte in Deutschland und Europa demonstrieren die Praxistauglichkeit der Wasserstofftechnologie, z.B. in der Stahlindustrie, bei der Ammoniakproduktion oder im öffentlichen Nahverkehr.

Ein wichtiger Aspekt der europäischen Wasserstoffstrategie ist auch die internationale Zusammenarbeit: Da die Potenziale für erneuerbare Energien in Ländern mit hoher Sonnen- und Windenergie (z.B. Nordafrika, Naher Osten) besonders groß sind, könnten diese Regionen zu wichtigen Lieferanten von grünem Wasserstoff für Europa werden.

Aktuelle Entwicklung

Deutschland und andere europäische Länder haben bereits Wasserstoff-Partnerschaften mit Ländern wie Marokko, Chile und Australien geschlossen, um den Import von grünem Wasserstoff zu fördern. Diese internationalen Kooperationen könnten langfristig zu einer globalen Wasserstoffwirtschaft führen.

Fazit und Ausblick

Grüner Wasserstoff hat das Potenzial, eine Schlüsselrolle in einem klimaneutralen Energiesystem zu spielen. Als flexibler Energieträger kann er nicht nur als Speichermedium für erneuerbare Energien dienen, sondern auch in verschiedenen Sektoren fossile Brennstoffe ersetzen.

Die breite Nutzung von grünem Wasserstoff steht allerdings noch am Anfang und wird sich über die nächsten Jahrzehnte entwickeln. Entscheidend für den Erfolg werden die Kostenentwicklung, der Ausbau der Infrastruktur und ein förderlicher regulatorischer Rahmen sein.

Eines ist jedoch klar: Ohne grünen Wasserstoff wird die Energiewende kaum gelingen. Besonders in Bereichen, die sich schwer direkt elektrifizieren lassen, wie Teile der Industrie, der Schwerlastverkehr oder die Langzeitspeicherung, ist Wasserstoff eine wertvolle Option. Nicht umsonst wird Wasserstoff oft als das "fehlende Puzzlestück" der Energiewende bezeichnet.

Bei GrünStrom Deutschland beobachten wir die Entwicklungen im Bereich Wasserstoff aufmerksam und beraten unsere Kunden zu den Möglichkeiten der Integration von Wasserstofftechnologien in ihre Energiekonzepte. Kontaktieren Sie uns, wenn Sie mehr über das Potenzial von grünem Wasserstoff für Ihr Unternehmen oder Ihre Kommune erfahren möchten.